Spannend beschriebene Wahrscheinlichkeit
Rezensiert am 4. August 2012
Dumm ist er nicht, der Unteroffizier Vincent Höfler. Um
friedensichernden Kampfeinsätzen an den Krisenpunkten der Welt
zu entgehen, hat er sich zum Dienst bei der Europäischen
Militärpolizei entschieden; hier hofft er sich durchschummeln zu
können.
Noch bevor er seine Ausbildung beendet hat, schicken ihn seine
Vorgesetzten in den Osten Deutschlands. Der Tod eines alten
Mannes am Sperrzaun einer Militäranlage soll untersucht und
möglichst geräuschlos zu den Akten gelegt werden. Das allerdings
sagt man Höfler nicht; also geht er den stets sich neu eröffnenden
Fragen nach. Je mehr er erfährt, desto größer wird sein Ehrgeiz;
obwohl er dabei dem Europäischen Staatsschutz (ESS) in die Quere
kommt.
Dabei entdeckt er das Geheimnis staatlicher Seniorenbetreuung,
das den Alten traumhafte Zeiten sichert - bei gleichzeitiger
Kostenminimierung.
Ein Krimi. Ein guter Krimi, wendungsreich und voller Überraschungen
bis in den Epilog.
Nicht erstaunlich bei einem professionellen und guten Autor von
Krimis und Drehbüchern der TATORT- Reihe. Als Krimi allein aber
wäre mir das Buch nicht Bearbeitung zur Rezension wert.
Fasziniert hat mich die Szenerie, in die Markus Stromiedel seine
Figuren stellt: Europa im Jahr 2035.
Ein Zeitpunkt, der vielen heutigen Zeitgenossen erlebbar sein wird.
Ob sie aber in Stromiedels Version würden leben wollen? Vor allen,
wenn sie dann zur demographisch größten Altersgruppe gehören
und somit Zielgruppe der traumhaften staatlichen
Seniorenbetreuung geworden sind.
Der gelernte Journalist Stromiedel entwickelt das düstere Bild des
autoritären europäischen Überwachungsstaates in linearer
Weiterführung heutiger marktdienlicher" Europapolitik. Die
Nationalstaaten sind im vereinten Europa aufgelöst, der
europäische Präsident führt von Brüssel aus sein ökodiktatorisches
Regime. Was sich anno 2012 noch im Forschungs- und
Konzeptstadium befindet, bestimmt den Alltag in Stromiedels
Zukunftsentwurf.
Solcher Ökodiktatur, ökologisch wie ökonomisch begründet, misst
der Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler Franz-Josef
Radermacher, Professor der Uni Ulm und Initiator der GLOBAL-
MARSHAL- PLAN-Initiative eine Wahrscheinlichkeit von 65% zu.
Die Kuppel" ermöglicht uns einen Blick in solch wahrscheinliche
Zukunft. Ein Einblick, der die heute noch Wachen animieren kann im
Engagement für eine humane, lebenswerte Zukunft nicht
nachzulassen. Für Andere wäre der Einstieg in ein solches
Engagement durch diesen spannenden Krimi eine wünschenswerte
Nebenwirkung.
|