Revolution dere Demokratie Johannes Heinrichs
Taschenbuch: 354 Seiten
Verlag: academia Richarz; Auflage: 1 (15. August 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3896656465
ISBN-13: 978-3896656469
Ein Maßstab für Reformen
rezensiert am 9. November 2014
     
Nach Karl Marx und Friedrich Engels gründet und entwickelt  sich Gesellschaft in  den arbeitsteiligen  Produktionsprozessen. Diesem historischen Materialismus  hängen auch heute noch viele Autoren und  Gesellschaftsreformer an. Konsequent  konzentrieren sie sich   auf die Veränderung ökonomischer Verhältnisse, um eine  humane Welt zu gestalten. Dabei übersehen sie, dass die  Entwicklung von  Arbeitsteilung in einer menschlichen  Gesellschaft diese menschliche Gesellschaft  bereits  voraussetzt. Gemeinschaft und Gesellschaft kann nicht in  etwas begründet  sein, was sich erst in dieser Gemeinschaft  entwickelt.
Rückgreifend auf den Religionsphilosophen Martin Buber  zeigt Johannes  Heinrichs die Quelle menschlicher  Gemeinschaft in der Ich-Du-Dialogik auf. Im  „Ich-Du-  Verhältnis stehen sich zwei reflexionsfähige Wesen  gegenüber, die  einander spiegeln. Hier ist der Ursprung aller   Gemeinschaft und Gesellschaft!“  (Integrale Philosophie, S.  37) Diese interpersonale Reflexion entwickelt Heinrichs  zum  Prinzip dynamischer Sozialsysteme und bestätigt die  Befähigung des  sozialen Organismus zur Selbstorganisation.
Wer sich heute für Reformen in Gesellschaft, Wirtschaft,  Kultur  oder Politik  engagiert, hat mit Heinrichs  Sozialphilosophie  ein ausgezeichnetes Rüstzeug zur  Ordnung und Bündelung  von Themen, Interessen und  konstruktiven  Lösungskonzepten. So wartet Heinrichs auf mit  einem in  menschlichen  Erfahrungen und deren  ausdrücklicher  Reflexion begründeten Konzept einer den  Wertstufen  entsprechenden demokratischen Ordnung.  Eingebunden in  die  „Integrale Philosophie“ erweist sich  dieses Konzept als  optimale Verbindung  direktdemokratischer Ansprüche mit  repräsentativem  Parlamentarismus. Als  „Bedingung der  Möglichkeit“ (Kant)  entfaltet er dieses Konzept bereits in der  1.  Aufl. (2003) der  „Revolution der Demokratie“. Auch wenn  interessengesteuerte  Politiker und selbst engagierte  Demokratiereformer die Konsequenzen dieser  radikalen  (tiefverwurzelten) Überlegungen scheuten, widerlegte doch  niemand  Heinrichs revolutionäre Beweisführung. In der nun  erschienenen und  überarbeiteten 2. Auflage, die zeitgleich  mit der „Integralen Philosophie“  erschienen ist, geht  Heinrichs  einen entscheidenden Schritt weiter. Er legt den  Entwurf einer  Grundgesetzänderung zur Parlamentsreform  des Deutschen  Bundestages vor. Das Vier-Kammer-  Parlament ermöglicht  jene Bedingungen, die  eine  demokratische  Selbstorganisation der Gesellschaft und die  überfälligen  sachpolitischen Reformen ermöglichen.
Auch mit der Sozialphilosophie präsentiert Johannes  Heinrichs geistige  Vollwertkost. Da mag so Manche/r die  Herausforderung eigener Denkarbeit  scheuen.
Man kann auf die reflexionslogische Systematik verzichten,  sich auf  symptomorientierte Lösungen beschränken und  beim „Bauchladen“ bleiben, läuft  allerdings Gefahr, nicht  sonderlich ernst genommen zu werden, dort wo es um die  Entwicklung einer wahrhaft humanen und demokratischen  Gesellschaft geht.